Invitario-Geschäftsführer Christoph Hütter über eine – von der Pandemie gezeichnete – IBTM World 2021 in Barcelona.

Wie ich die weltweit größte Messe der Meeting- und Eventbranche in Barcelona erlebte – und was sich auf der IBTM gegenüber meinem letzten Besuch vor der Pandemie verändert hat.
7. Dezember 2021 | 
Christoph Hütter
IBTM World Expo 2021 Barcelona

Ich schicke voraus, dass es sich nachstehend um meine subjektiven Eindrücke handelt – ohne den Anspruch darauf, ein objektives Bild zu vermitteln. Ich habe zum Beispiel die genauen Besucherzahlen oder die Anzahl der Aussteller nicht überprüft und mit vergangenen Zahlen verglichen.

Die MICE-Industrie (Meetings, Incentives, Conferences, Events) ist natürlich von der Pandemie sehr betroffen. Gerade die Aussteller der IBTM, deren Schwerpunkt auf internationalem Businesstravel, Meetings & Conferences und Incentives liegt, können ihre Angebote kaum virtualisieren. 

Es ist daher wenig überraschend, dass viele Aussteller, wie z. B. Hotelketten, Venues, DMCs, wenig bis keine Vorteile aus der Digitalisierung der Events haben und folglich ist es unumgänglich, dass sich das in der Messe in der einen oder anderen Form widerspiegelt: Früher war die komplette Halle vollgepackt bis unter die Decke mit Ausstellern, heuer waren gut 20 % bis 25 % der Hallenfläche leer und konnten offenbar nicht verkauft werden. Zudem gab es weniger Programm rundherum, es war einfach weniger Action, es gab weniger Vorträge, Workshops usw.

Aber nicht nur bei den Ausstellern und Veranstaltern, auch bei den Besuchern hinterlässt die Pandemie ihre Spuren. Manche Covid-Maßnahmen, die natürlich wichtig und richtig sind, um überhaupt eine Messe in dieser Größe stattfinden lassen zu können, haben massive Auswirkungen auf das Messeerlebnis; fast alle Stände sind mit Bändern abgesperrt, ebenso die Plätze für Einzelgespräche.

Ein wesentliches Element von Messen sind die zufälligen Begegnungen, das ungeplante Zustandekommen von Kontakten und Gesprächen. In einer Zeit, in der es vorrangig um Kontaktvermeidung und Distancing geht, ist das alles kaum umsetzbar. 

Man spaziert als Besucher nicht mehr so wie früher einfach auf einen Stand, wird dort in ein Gespräch verwickelt, schmökert in den Broschüren; alles ist statischer, alles distanziert und ich finde, dass dadurch ein erheblicher Teil des positiven Messeerlebnisses verloren geht. Das ist kein spezifisches IBTM-Phänomen, ich denke, das wird ein generelles Problem bei allen Messen sein.

Auf der IBTM verkaufen sich die verschiedenen Länder und Regionen in all ihrer Pracht als Reisedestinationen; sie wollen nicht nur mit toller Infrastruktur, sondern auch mit dem Gesamtpaket aus Kultur, Geschichte, Menschen, Architektur usw. überzeugen. Natürlich werden dabei oft klassische Klischees bedient und daher darf Mozart bei den Österreichern genauso wenig fehlen, wie das grüne Kleeblatt bei den Iren. 

Wer in der Vergangenheit den Stand der Holländer suchte, musste nur seinen Ohren folgen und dorthin gehen, wo die lauteste Partymucke herkam. Dort traf man schon am frühen Nachmittag auf Menschen mit guter Stimmung und leichtem Zungenschlag. Das alles gab es in der Form heuer nicht, die Ausgelassenheit ist dahin und irgendwie dadurch auch die Stimmung. Fairerweise muss ich sagen, dass ich nicht bis zum Ende geblieben bin – also wer weiß, vielleicht haben mich die Holländer Lügen gestraft und es gab auch heuer eine Eskalation in Orange. 

Schnappschüsse von der IBTM World 2021 in Barcelona

Hopin vs. Cvent: Let the games begin

Eventtechnologie-Anbieter, die zudem aus unterschiedlichen funktionellen Richtungen kommen, gab es in früheren Zeiten viele an der Messe. Es gab auch einen eigenen Bereich für Event-Tech namens „Tech-Pavillon“, in dem sich nur Event-Tech-Anbieter zeigten. Auch wenn es oft nur kleine Aussteller waren, so waren die Masse und die Dichte durchaus beeindruckend. 

Heuer stellten nur eine Handvoll Tech-Anbieter auf der Messe aus, wobei neben Cvent und dem Newcomer Hopin noch ein paar kleinere zu finden waren – jedoch völlig unter der Wahrnehmungsschwelle. Sie standen etwas verloren in einer Ecke herum, was ein eher trauriges Bild ergab.

Man merkt, dass es zwischen Cvent und Hopin ernst ist: Cvent war ungefähr zwei Jahrzehnte lang der globale Platzhirsch, der nächstgrößere Anbieter war Aventri (vorm. etouches), der aber mit ca. 400 Mitarbeitern bereits nur noch 1/10 der Größe von Cvent hatte.

Hopin ist nun angetreten, Cvent den Platz an der Sonne streitig zu machen. Das ist auch als Außenstehender, wenn man am jeweiligen Messestand steht, mit den Leuten spricht usw., zu bemerken. Die Spannung ist spürbar. Beispielsweise wurde, während ich am Cvent-Stand war, der Hopin-Stand fotografiert und die Mitarbeiterin von Cvent war während des Gespräches mit mir sichtlich bemüht, nicht ins Bild zu kommen und hat genau beobachtet, was wo wie fotografiert wird.

Die beiden Stände befanden sich direkt nebeneinander, mit einem kleinen Platz dazwischen – fast wie Kriegsschiffe im 18. Jahrhundert, die sich gegenseitig mit Kanonen beschießen und gleich zum Entern ansetzen. Wenn das von der IBTM bewusst so gemacht wurde, dann war es gut gemacht (fairerweise muss ich sagen, dass das vermutlich außer den Hopin- und Cvent-Mitarbeitern nur wenigen Personen auffiel und gut möglich, dass ich hier viel hineininterpretiere).

Hopin ist durch und durch ein Startup- und Tech-Unternehmen. Das Unternehmen tritt auch so auf und das (vermittelte) Selbstverständnis ist jenes eines Software-Startups. Cvent wirkt mehr der Meeting-Industry zugehörig und somit ein bisschen konservativer. 

Die Cvent-Mitarbeiter mit ihren blauen Anzügen und Stecktüchern passten gut zum Rest der Messeaussteller und wirkten auch mehr als Teil der Messe und zugehöriger als Hopin. Die Mitarbeiter von Hopin in ihren schwarzen Bomberjacken, Sneakern, Undercut-Frisuren und Bobo-Brillen sind 1.000 Mal cooler unterwegs, wirkten aber fast, als wären sie auf der falschen Messe gelandet. Als hätten sie sich beim Buchen des Messestandes vertan und wollten eigentlich zum Marketing-Software-Startup-Festival.

Mir kam sofort der Vergleich zwischen Microsoft und Google vor rund 20 Jahren in den Sinn, der Dinosaurier Cvent (MS) gegen den VC-packed Newcomer auf Steroiden – Hopin (Google).

Auch könnten die Wurzeln nicht unterschiedlicher sein: Cvent kommt aus dem In-Person-Eventbereich und ist in den Virtual-Eventbereich hineingewachsen (weil sie mussten), Hopin kommt aus dem digitalen Eventbereich, hat sich nun mit Attendify und Boomset zwei Anbieter aus dem In-Person-Eventbereich zugekauft und muss dort hineinwachsen. Hopins DNA ist digital, die von Cvent ist „klassisches Event“.

Es wird spannend zu beobachten sein, wie es sich zwischen den beiden entwickeln wird. Ich bewerte den neuen Wettbewerb zwischen Cvent und Hopin als positiven Impuls für die gesamte Event-Tech-Branche, also auch für uns.

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Intro-Video mit Carsten Schwarz